Eine junge und zielstrebige Gesellschaft unter den Folgen des Klimawandels
Spätestens seit den weltweiten „Friday for Future“ Schülerstreiks gegen die jeweilige Klimapolitik der Bundesregierungen sollte es den renitenten Trumps, Straches und Co endgültig einleuchten, dass zukünftige politische Strategien mehr als nur die Migrationsfrage in den öffentlichen Fokus rücken sollen. Die Nachhaltigkeit findet in vielen populistisch besetzten Regierungen wie in Österreich keinen Platz auf der Tagesordnung. Ein reines Streben nach wirtschaftlichen Wachstum und somit die Erfüllung von Konzerninteressen ist die oberste Prämisse diverser Staatschefs á la Kurz, was zwangsläufig zu einem ökosozialen Ungleichgewicht führt. Obwohl von Seiten der Internationalen Energiebehörde behauptet wird, dass sich der Ausstoß von Treibhausgasen vom Weltwirtschaftswachtum entkoppelt, bleibt festzuhalten, dass sich die energiebedingten CO2-Emissionen in den letzten 50 Jahren verdoppelt haben.
Alleine in Österreich werden jährlich 80 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent produziert (Stand 2018), was zu einem überdurchschnittlichen Pro-Kopf Verbrauch innerhalb der Europäischen Union führt. Die Klimaziele zur Reduktion der Treibhausgasemissionen wurden 2016 und 2017 verfehlt und die Prognosen für die kommenden Jahre deuten auf keine Verbesserung hin. Mit anderen Worten, das Streben nach immer mehr wirtschaftlichen Wachstum und der gleichzeitigen Missachtung der ökologischen Frage führt uns mit immer größeren Schritten an den Rand des klimatischen Belastungshorizonts.
Wetterextreme häufen sich
Die Wetterereignisse der letzten Jahre verdeutlichen jedoch die dringende Notwendigkeit für die Einhaltung dieser Ziele. 2017, das achtwärmste Jahr seit 1768, sorgte für den wärmsten März und zweitwärmsten Juni der Messgeschichte und zeitgleich für den kältesten Jänner seit über 30 Jahren. Diese Wetterextreme verursachen in weiterer Folge Hagel, Starkniederschlag und Überschwemmungen was zu massiven Schäden führt. Alleine die dürrebedingten Schäden in der Landwirtschaft belaufen sich auf rund 210 Millionen Euro im Jahr 2017.
Die Klimakatastrophe fordert auch einen sozialen Tribut
Rekordschäden und damit verbundene Ernteausfälle sorgen für einen Anstieg der globalen Nachfrage und lassen in weiterer Folge die Weltmarktpreise für diverse Lebensmittelgruppen steigen. Laut dem EU-Statistikamt Eurostat sind die Lebensmittelpreise in Österreich bereits um 25 Prozent teurer als im EU-Durchschnitt (Stand 2017). Ein weiterer Anstieg würde vor allem sozial schwächere Bevölkerungsgruppen mit der Versorgung von sicheren, qualitatitv hochwertigen und leistbaren Lebensmitteln gefährden.
Ökologisches Handeln ist somit auch stark von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen abhängig. Betrachten wir es am Beispiel der thermischen Sanierung. Die Hälfte des österreichischen Häuserbestands stammt aus dem Zeitraum zwischen 1945 und 1980 und weist eine katastrophale Energiebilanz (220 kWh pro Quadratmeter) auf. Durch eine Vollsanierung wäre ein Energieeinsparungspotential von 80 % und eine CO2 Einsparung für Wärmebereitstellung von 100 % möglich. Das ergibt ein Einsparungspotential der jährlichen Heizkosten von 2.000 Euro bis 4.300 Euro. Das Problem, wer finanziert es? Die Kosten für eine Vollsanierung betragen im Schnitt 56.000 Euro. Der Durchschnittsverdienst österreichischer Arbeiter und Angestellter liegt bei ca. 2.400 Euro brutto pro Monat (Stand 2016). Selbst bei einer Erstattung der förderungsfähigen Kosten von 30 % ist es für den Großteil der ÖsterreicherInnen praktisch unmöglich sich klimaorientiertes Handeln zu leisten. Dazu kommt, dass ein Großteil der einkommensschwächeren Bevölkerungsgruppen vorwiegend in sanierungsbedürftigen Wohngebäuden lebt. Ein Teufelskreis der ohne einem ökosozialen politischen Kurswechsel nicht so leicht zu durchbrechen sein wird.
Ungezügelter Hunger nach Energie und die Konsequenzen
Es liegt wohl in der Natur der Menschheit, dass wir nicht gerne auf liebgewonnene Gewohnheiten und auf Bequemlichkeit verzichten möchten. Schließlich will man es zu jeder Zeit wohlig warm in der Wohnung haben. Man will sich jederzeit und uneingeschränkt mit seinem Fahrzeug von A nach B bewegen können. Wenn es dunkel ist will man das Licht einschalten. Man will sich jederzeit eine warme Mahlzeit zubereiten können, und jederzeit multimediale Genüsse erleben oder im Internet surfen können. All diese Bequemlichkeiten und Gewohnheiten haben eines gemein.
Sie brauchen Energie.
Und das nicht zu knapp. Das Problem mit der Energie ist allerdings, dass diese nicht unbegrenzt und allerorts verfügbar ist.
Nehmen wir als Beispiel die Mobilität. Seit der Erfindung des Otto-Motors in den 1870er-Jahren und der Erfindung des Dieselmotors 1897 wurden diese beiden Typen die Hauptantriebsarten für Kraftfahrzeuge jeglicher Art. Wir verbrauchen damit ungeheure Mengen an fossilen Brennstoffen, die aus Erdöl gewonnen werden. Gleichzeitig produzieren wir schädliches CO2, Stickoxide und Feinstaub, um ein paar unangenehme Nebenerscheinungen aufzuzählen. Und das bei einem eigentlich unglaublich schlechten Wirkungsgrad von rund 30%. Denn dies ist die theoretische Grenze des Wirkungsgrades des Carnot-Prozesses, auf dessen Prinzip jeder Verbrennungsmotor basiert.
Es wird wohl ein massives Umdenken, und nicht erst seit dem Dieselskandal der vergangenen Jahre, im Bereich der Mobilität notwendig sein, um die ungezügelte Nutzung und Verschwendung von fossilen Energieträgern einzudämmen. Damit verbunden natürlich auch die Reduzierung von klimaschädlichen Emissionen.
Ungleichheit durch Knappheit
Letztlich hat zu den erheblichen Auswirkungen auf das Klima, der ungezügelte Energieverbrauch einen noch viel wichtiger Aspekt. Neoliberalen Marktmechanismen folgend, und die wahrscheinlich noch in diesem Jahrhundert auftretende Knappheit an fossilen Energieträgern, werden diese für die überwiegende Zahl der Menschen teuer wenn nicht sogar unleistbar. Ganz nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Dies bedeutet für die Produktion und den Transport von notwendigen Nahrungsmitteln, Medikamenten und anderen Dingen des täglichen Lebens eine erhebliche Teuerung. Uneingeschränkte Mobilität wird nur mehr den wohlhabenden Bevölkerungsschichten vorbehalten bleiben.
Das Ziel einer möglichst geringen sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheit in einer Gesellschaft, und damit einer umfassenden Verteilungsgerechtigkeit, wie es z.B. sozialdemokratische Politiker in Europa aber auch weltweit fordern, wird dann wohl nur mehr Fiktion, und für eine überwältigende Mehrheit nicht mehr erreichbar sein.
Den Kritikern und den neoliberalen Leugnern des menschheitsbedingten Klimawandels kann man jedenfalls ins Stammbuch schreiben, dass vor allem fossile Energieträger nicht unbegrenzt verfügbar sind, und früher oder später für viele nicht mehr leistbar sein werden. Denn Knappheiten von Ressourcen, welcher Art auch immer, werden zu einem Verteilungskampf, im schlimmsten Fall zu Kriegen und globalen Migrationsströmen führen.
Energiewende
Unabhängig ob wir die dringend notwendige Energiewende aus neoliberalen Gesichtspunkten, oder aus Gründen des Klimaschutzes oder von Seiten der Verteilungsgerechtigkeit betrachten, müssen wir uns die Frage stellen, ob wir unseren zukünftigen Generationen einen Planeten hinterlassen auf dem es ausreichend Ressourcen für ein vernünftiges Leben gibt. Ressourcen wie sauberes Wasser, saubere Luft, ausreichend Nahrungsmittel, und in weiterer Folge ausreichend nachhaltige Energie.
Um dies gewährleisten zu können muss uns klar sein, dass es unbedingt notwendig ist innerhalb der nächsten ein bis zwei Dekaden vollständig und nachhaltig auf alle fossilen Energieträger verzichten zu müssen.
Dies wird eine technologische und auch gesellschaftspolitische Herkulesaufgabe sein, die bewältigt werden muss! Die derzeitige Politik muss sich also von neoliberalen Grundgedanken, also lieber CO2-Zertifikate zuzukaufen anstatt einer sinnvollen und nachhaltigen Energie- und Klimapolitik, verabschieden. Die Wissenschaft und Technik ist ebenso gefordert wie die Zivilgesellschaft, um eine globale und nachhaltige Energiewende weg von fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren und umweltschonenden sicherstellen zu können.
Die Zahl der verfügbaren primären Energieträger ist überschaubar. Aber nicht jede Energieform ist für jede Anwendung optimal. Das gilt auch für die Speicherung von Energie. Genau diese Fragen, wie Gewinnung, Transport und Speicherung der Energie, werden aber die Einsatzmöglichkeiten und die technische Umsetzbarkeit wesentlich beeinflussen. So wird es auch notwendig sein, unsere Gesellschaft dahingehend zu bilden, wie man Energie effizient und vor allem suffizient einsetzt. Alle Teile unserer Gesellschaft werden also auch lernen müssen wie man sinnvoll und sparsam die begrenzt verfügbare Energie nutzt. Wir alle werden also auch Teil der Energiewende.
Fazit:
Populismus funktioniert, allerdings nur für die Betreiber, und das Kapital. Zum Erreichen der Klimaziele und der Vermeidung von ökosozialer Ungerechtigkeit benötigen wir dringend eine Veränderung der globalen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Landschaft.
Dass eine umfassende Energiewende überlebensnotwendig sein wird, ist wohl unumstritten. Wohin diese Wende gehen wird, wie schnell sie von statten geht und wie nachhaltig diese ist, oder ob sie letztlich wieder neoliberalen Interessen zum Opfer fällt wird sich zeigen. Es liegt an jedem Einzelnen der globalen Gesellschaft diese Energiewende stattfinden zu lassen.
(Christian Kaiserseder und David Steiner, 22.03.2019)